Liebe erträgt alles

„Die Lästigen geduldig ertragen“ – in diesem Werk der Barmherzigkeit geht es um den alltäglichen Umgang mit unseren Mitmenschen, die anders, begrenzt, schwach, zudringlich, unangenehm, nervend… mir gegenüber sind.

Jeder Mensch, mit dem ich zu tun habe, hat Schwächen und macht Fehler. Und diese Menschen darf ich nicht „ausrotten“. Ich muss mit ihnen in der Familie, in der Nachbarschaft, in der Schule, in der Arbeit, in der Kirche zusammen leben. Keine Gemeinschaft kann bestehen, ohne Bereitschaft einander zu ertragen.

Lästige zu ertragen bedeutet aber nicht, dass ich mir von den anderen alles gefallen lasse, alles toleriere und akzeptiere. Dem Bösen muss Widerstand geleistet werden.

Andererseits lehrte Jesus Christus, dass wir das Unkraut nicht aus dem Weizenfeld in der Wachstumszeit ausreißen dürfen. Sonst machen wir den Weizen kaputt. Damit müssen wir bis zur Ernte warten (vgl. Mt 13,24-30). Menschen, die uns zur Last fallen, geduldig zu ertragen, ist also ein Zeichen der Klugheit, der Stärke und der Liebe. So lehrt die Bibel:

„Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“ (Gal 6,2). „Die Liebe erträgt alles,… sie hält allem Stand“ (1 Kor 13,7). Meine Größe drückt sich durch meine guten Worte und Taten aus, aber auch durch Ertragen der Widerstände, die unvermeidlich zum Leben in dieser Welt gehören.

Was hilft mir dabei? Das Bewusstsein,

• dass auch ich durch meine Schwächen und Fehler zur Last der anderen werde;
• dass Gott-Schöpfer alle „Temperamente“ erschaffen hat, uns alle mag und alle in Geduld erträgt;
• im Gebet und in den Sakramenten gibt mir Gott die innere Kraft, die Schwachen und Lästigen zu ertragen, ohne daran zu zerbrechen, sondern vielmehr dadurch persönlich zu wachsen…

 Msgr. Dr. Josef Hernoga, Schwabach, 26.08.16