Vertrauen

Gerne erinnere ich mich an ein Märchen, das mir mein Opa in der Kindheit erzählte. Die Jugendlichen vom Dorf hatten die Pflicht, jeden Nachmittag die Kühe und Schafe auf die Weide hinauszuführen und sie zu bewachen. Wenn sie gut gesättigt waren haben sie die Haustiere in den Stall zurück gebracht.

Ein Junge wollte sich über seine Freunde lustig machen. Darum hat er eines Tages ganz laut geschrien: „Hilfe, Hilfe, die Wölfe kommen!“

Alle, die seine Hilfe-Rufe hörten, verließen ihre Herde und eilten, um ihm aus der Patsche zu helfen. Dann lachte der Junge sie aus, dass sie so leichtsinnig sind. Denn es ist kein Raubtier gekommen. Es war ein Scherz.

Ein paar Tage später wiederholte er das Experiment mit dem Wolf und schrie wieder ganz laut: „Hilfe! Hilfe! Der Wolf ist gekommen!“
Diesmal kamen ihm nur wenige seiner Kumpanen zur Hilfe.

Eines Tages aber kam wirklich ein Wolf und der Junge rief voller Angst um Hilfe. Diesmal aber kam kein einziger, um ihm aus der Bedrohung zu helfen.

Diese Parabel lehrt mich, mit dem VERTRAUEN behutsam umzugehen. Wenn ich das Vertrauen meiner Mitmenschen missbrauche, es verspiele, dann bin ich für sie nicht glaubwürdig, sie werden mich nicht ernst nehmen und mir – nicht einmal in Not – Hilfe leisten.

Msgr. Dr. Josef Hernoga, Schwabach, 27.07.18