Bitte als Geschenk

Meistes betrachte ich eine Bitte als Forderung, Antrag, Verlangen, Erwartung…Ihre Erfüllung kostet mich in der Regel Mühe und Arbeit. Sie kann sogar eine Demütigung und Zumutung sein.
Auch für mich ist es nicht leicht eine Bitte an jemanden zu richten. Das verlangt von mir Mut und Demut.
Eine Bitte ist jedoch mehr als eine Forderung oder Höflichkeitsformel. Sie ist ein Geschenk!

Wieso? Eine Bitte ist eine Anerkennung meiner Begrenztheit, Schwachheit, Unvollkommenheit… Ich kann nicht alles alleine machen. Ich brauche eine Ergänzung und Hilfe. Ich bin hilfsbedürftig, auf andere angewiesen.

So stehe ich in Wahrheit Gott, meinen Mitmenschen und mir selber gegenüber.
Die Bitte ist ein Ausdruck des Vertrauens, der Wertschätzung und Anerkennung.
Ich wende mich an Dich, weil ich Dir vertraue, dass Du mir helfen kannst und mich nicht im Stich lassen wirst. Ich brauche Dich. Du hast Fähigkeiten, meine Wünsche zu erfüllen.

Es geht dabei sowohl um die Erfüllung der materiellen Tätigkeiten (Kochen, Putzen, Reparieren, Kaufen, Bauen…) als auch der psychisch-geistlichen Haltungen: Ich bitte um Deine Zeit für mich, um ein Gespräch, um Verzeihung, um eine Fürbitte für mich bei Gott…

Auch die Bitte, die an mich gerichtet wird, ist für mich eine große Chance. Sie wertet mich auf und gibt mir das Gefühl gebraucht zu werden. Und dies erfüllt mein Leben mit tiefem Sinn und Freude. Dadurch kann ich mich verwirklichen…

„Geben ist seliger als Nehmen“ (Apg 20,35).

Msgr. Dr. Josef Hernoga, Schwabach, 03.09.21