„Die Liebe erträgt alles“ (1 Kor 13,7)

Unzählige wissenschaftliche Texte, Gedichte, Romane wurden über die Liebe verfasst, Lieder komponiert und Filme gedreht.

Hat man aber über die Liebe bereits alles gesagt?

Am wenigsten wird gesagt (gesprochen), dass zum Liebesleben auch… Hassgefühle gehören.

„Manchmal möchte ich meinem Mann am liebsten an die Gurgel gehen, obwohl ich ihn abgöttisch liebe“ – bekennt eine Frau.

Ein Mann, der seit 40 Jahren ein gelungenes Eheleben führt, beantwortet die Frage, ob er in dieser Zeit nicht an die Ehescheidung dachte, so:

„Nein! Aber fünf Mal wollte ich in Gedanken meine Frau umbringen.“

Wie sind solche „Erscheinungen“ zu erklären?

Auslöser für die „Hassliebe“ können Eifersucht, Unbelehrbarkeit, wiederkehrende Fehler und Schwächen sein… Gott hat jeden Mensch als Individuum geschaffen aber wir wollen ihn/sie oft „auf unser Bild hin er-schaffen“. Dazu kommen die Folgen der Erbschuld, die wir in uns tragen: Wir können den anderen Menschen nicht durchdringen, ihn richtig verstehen, wir versagen und enttäuschen. Denn in uns lebt der alte Mensch der Sünde der immer wieder gegen den neuen Menschen der Gnade einen Kampf führt (vgl. Eph 4,22-26). Der Hl. Paulus bringt das auf den Punkt: „Das Wollen ist in mir vorhanden, aber ich vermag das Gute nicht zu verwirklichen. Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will… Ich unglücklicher Mensch!“ (Röm 7,18-19.24).

Wie soll ich also in der Partnerschaft, in der Gemeinschaft mit meinen Mitmenschen leben?

Zunächst meine menschliche Kondition berücksichtigen: Ich und mein Nächster sind Menschen und keine Engel, in uns sind gute und schlechte Eigenschaften zugleich. Ich muss dies akzeptieren.

Andersmal muss ich an mir selber arbeiten, damit ich zum „Abbild Gottes“ möglichst nahe hinkomme und so Gottes Plan und meine Lebensberufung erfülle. Dabei kommt mir Gott mit seiner Gnade entgegen: „Meine Gnade genügt dir“ (2 Kor 12,9); „Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt“ (Phil 4,13); „Die echte Liebe erträgt alles“ (1 Kor 4,7).

Msgr. Dr. Josef Hernoga, Schwabach, 05.05.17