Geste der Barmherzigkeit: Verständnis

Verständnis bedeutet: sich verständigen, zu jemandem in guten und schlechten Zeiten stehen, sich in seine Lage versetzen.

Jeder Mensch will verstanden, akzeptiert und angenommen werden. Ein Sprichwort besagt: „Heimat ist dort, wo man verstanden wird.“ Und es geht dabei wohl nicht nur um Sprachkenntnisse und Intelligenz, sondern vielmehr um Toleranz, Besorgnis, Einfühlungsvermögen, Anteilnahme und Akzeptanz.

Zum Verständnis tragen Erkenntnisvermögen und Unterscheidungsgabe bei. „Prüfet alles und behaltet das Gute“ (1 Tess 5,21) – lehrt der Hl. Paulus.

Dabei helfen barmherzige Ohren und Augen. „Nur mit dem Herzen sieht man gut“ (A. Exupery). Der mit dem Evangelium beleuchtete Verstand lässt mich meine Fähigkeiten, Intelligenz, Talente, Charismen, Aufnahmefähigkeit, Widerstandfähigkeit, Erziehung, Milieu, usw. berücksichtigen. Wer mehr erhalten hat, muss auch mehr Gutes erbringen – lehrt Jesus im Gleichnis von den Talenten (Mt 25, 14-30).

Jeder Mensch ist anders. Er ist ein „Gedanke Gottes.“ Gott-Schöpfer hat ihn gewollt und ihn berufen, eine bestimmte Aufgabe in der Welt zu erfüllen. Jeder Mensch trägt in sich aber auch die Folgen der Erbschuld: er kann sich irren, in Versuchung geraten oder absichtlich das Böse tun. So muss ich seine bösen Worte und Taten entschieden ablehnen, jedoch den Sünder annehmen und ihm möglichst helfen. Denn Jesus lehrte: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Lk 5,31   ); „Ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern sie zu retten“ (Joh 12,47).

 Msgr. Dr. Josef Hernoga, Schwabach, 28.10.16