Barmherzigkeit in der Beziehung

Barmherzigkeit ist das beste Gestaltungsmittel für menschliche Beziehungen. „Die Leute sind gut, nur der Mensch ist schlecht“ – kann man in Bezug auf Karl Valentin sagen.

Denn wir alle sind moralisch schwach. Wir machen Fehler, enttäuschen, versagen und verletzen uns gegenseitig.

Ohne Nachsicht und Gutmütigkeit, ohne Vergebung und Versöhnung würden wir unser Leben zu einem Stückchen der Hölle machen.

Durch unsere Empathie und Großherzigkeit hingegen verschonen wir uns gegenseitig vor Verletzungen und anderen Formen der Unbarmherzigkeit. Die barmherzige Liebe wertet auf und erhebt den Menschen. Die Barmherzigkeit ist eine Art der Achtsamkeit (Achtung) und sogar Verehrung.

Es ist eine Kunst des Lebens sich im Alltag gegenseitig Wärme der Liebe zu schenken und sich nicht zu verletzen. Dies drückt sehr treffend die Sage von den Stachelschweinen aus:

„An einem eisigkalten Wintertag schmiegten sich mehrere Stachelschweine eng aneinander, um sich durch die gegenseitige Wärme vor dem Erfrieren zu schützen. Bald jedoch spürten sie untereinander ihren verletzenden Stachel und rannten wieder auseinander. Das Bedürfnis, sich zu wärmen, brachte sie wieder zusammen. Abermals waren es die Stacheln, die sie trennten. Das wiederholte sich mehrere Male, bis die gefunden hatten, dass sie sich in mittlerer Entfernung voneinander wärmen konnten, ohne sich mit ihren Stacheln zu verletzen.“ (W. Hoffsümmer, Kurzgeschichten 1, Nr. 184).

In der Familie und Freundschaft, am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft ist es wichtig, die richtige Entfernung zu finden, wo wir uns die Wärme der Liebe schenken, aber uns gegenseitig nicht verletzen.

 Msgr. Dr. Josef Hernoga, Schwabach, 03.06.16